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Kirchliche Asylarbeit in Bayern

Bericht beim Studientag des Ökumenischen Kirchenasylnetzes am 2.3.2002 in Erlangen

von Anne Timpe

Petrus gibt uns einen Maßstab für unsere Arbeit in der Apostelgeschichte im 5. Kapitel: "Ihr sollt Gott mehr gehorchen als den Menschen."

Das hat das bayerische Kirchenasylnetz versucht. Obwohl es seit 1999 keine neuen Kirchenasyle als Folge der konfrontativen und auszehrenden Strategie des bayerischen Innenministeriums gegeben hat, wurden die letzten drei Kirchenasyle erst 2001 durch sehr mühsam vermittelte Weiterwanderung der Flüchtlinge in andere, tolerantere Länder beendet. Allerdings musste die Familie Yildiz aus Holland nach Weißenburg zurückkehren: Auch dort wie in anderen Zufluchtsländern wurden 2001 die Gesetze verschärft. Ihr Gesundheitszustand ist durch alles Leid so schlimm, dass ein neues Folgeverfahren eingeleitet wurde.

Seit 1989 bestanden es in Bayern 43 Kirchenasyle für 129 Menschen.

Darüber hinaus gab es viele andere mutige Einsätze für schutzlose Flüchtlinge in Bayern, zum Beispiel in Schweinfurt, Ansbach und Bayreuth. Wir erfahren nicht alles, oder erst nach Abschluss der Aktionen von Gemeinden, Klöstern, einzelnen Bürgern und Politikern, die es oft vorziehen, ohne Öffentlichkeit abgewiesenen, von Abschiebung bedrohten Menschen beizustehen. Viele Gemeinden, Pfarrerinnen und Pfarrer, Mitarbeiter von Diakonie und Caritas, sowie engagierte ehrenamtliche setzen sich bei Behörden und Politikern für Schutzlose ein. Sie alle und besonders die noch Unsicheren, nach Informationen, Ermutigung und fachkundiger Unterstützung suchenden Interessierten brauchen dringend die Einrichtung und Besetzung einer professionellen Beraterstelle in der Kirchenleitung und ausgebildete Ehrenamtliche für die Aufgaben in den Dekanaten. Diese Flüchtlings- und Integrationsbeauftragten der Kirchen sind auch nötig in Zeiten der politisch geschürten ausländerfeindlichen Stimmung und allem, was uns leider im Wahlkampf dieses Jahres bevorsteht. Aufgrund unserer Regensburger Resolution von 2001 laufen entsprechende Verhandlungen im Landeskirchenamt der evang.-luth. Kirche in Bayern.

Das bayerische Netz und die Bundesarbeitsgemeinschaft arbeiten in regelmäßigen Treffen und gemeinsamen Projekten intensiv zusammen. Im Sommer 2001 erschien die stark beachtete 2. Untersuchung über Erfolg und Misserfolg der Kirchenasyle. sie ergab, dass 73 % der Menschen, meist erst nach bis zu 5 Jahren Kirchenasyl, schließlich auch einen rechtlichen Schutz vor Abschiebung erhielten. Das beweist, dass es viele Fehlentscheidungen im Asylverfahren gibt, die dringend korrigiert - ja vermieden werden müssen, eben auch durch praktischen und politischen Einsatz. Der wird stark gebraucht, wenn entsprechend dem neuen - noch nicht endgültig verabschiedeten - Zuwanderungsgesetz die bisherigen "Duldungen" abgeschafft und Abschiebungen in haftähnlichen Einrichtungen zentral vorbereitet werden. Dadurch droht viel mehr Schutzlosigkeit als bisher. Dann brauchen wir auch in Bayern dringend wieder Gemeinden, die den Mut zum Schutz Schutzloser aufbringen.

Die meisten Gemeinden, die an der Untersuchung teilnahmen, sind bereit, bei einer vertiefenden Befragung mitzuarbeiten. Sie befasst sich mit dem Themenkomplex: "Welche geistlichen Wirkungen für das Gemeindeleben und für seine Entwicklung hatte Ihr Kirchenasyl?"

Die ersten Gespräche haben gezeigt: Vor allem die aktiven Unterstützer haben in dieser Zeit anhaltend wichtige, ermutigende und frühere Einstellungen verändernde Erfahrungen gemacht. Das gilt in weniger intensiver Form auch für die Gemeinde insgesamt, soweit sie die Schutzgewährung billigte. Vielfach entstanden auch konstruktive Kontakte nach außen - zu fachlich und menschlich unterstützenden Leuten und Gruppen. Es hieß immer wieder, dass hierbei das Bayerische Kirchenasylnetz eine unverzichtbare Hilfe war. Die meisten Helfergruppen suchten und fanden geistliche Stärkung - durch ihre Geistlichen und miteinander im Beten und Handeln unter Gottes Wort, im Beistehen in bedrängenden und sehr anstrengenden Phasen des Kirchenasyls unter häufigem Druck von innen und/ oder außen.

So werden diese Gespräche einen konstruktiver Beitrag zur bundesweit geplanten Arbeitshilfe für interessierte oder noch

unsichere Gemeinden leisten, die ein geistlich und sozial engagiertes, mutiges Gemeindeleben beim Einsatz für Schutzlose in der Nachfolge Jesu fördern will, entsprechend der Gerichtsrede (Mt 25): "Ich war fremd, aber ihr habt mich aufgenommen. Ich war im Gefängnis, aber ihr habt mich besucht. Was ihr für einen dieser Geringgeachteten getan habt, das habt ihr für mich getan."

Anne Timpe

Netz-Info, Juni 2002
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