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Erst verfolgt – dann verjagt?

Für ein Recht auf Bleibe

von Inge Ammon

Aktion „Friedliche Kirchenbesetzung“

Vom 2. bis 4. Juni 2003 besetzte der Münchner Flüchtlingsrat mit ca. 50 Flüchtlingen die evangelische Lukaskirche in München, mit Einverständnis und der Unterstützung der Kirchengemeinde. Eine gut besuchte Pressekonferenz mit einem bewegend guten Presseecho bildete den Beginn.

Am 1. Abend fand ein interreligiöser Fürbittgottesdienst statt, der allen sehr wohl tat. Am nächsten Morgen kamen mehrere Schulklassen in die Kirche, um mit den Flüchtlingen zu sprechen. Am Nachmittag führten togoische Flüchtlinge ein Theaterstück auf, und bei der Abendveranstaltung informierte amnesty international über die Menschenrechtssituation in Togo und Äthiopien. Danach klärte Rechtsanwalt Christian Wächter zu rechtlichen Fragen auf und die Hilfsorganisation für traumatisierte Flüchtlinge „Refugio“ erläuterte die psychische Situation der von Abschiebung bedrohten Familien.

Die Atmosphäre in der Kirche war während der drei Tage sehr gut. Gelobt wurde die hervorragende Essensversorgung durch die Flüchtlingsfrauen. Am letzten Tag wurde die Kirche gut geputzt und dann geräumt.

Ende der Duldung

Auch die Familie Idrissou aus Togo hatte an der Kirchenbesetzung teilgenommen. Seit 10 Jahren lebt sie in München. Die beiden Kinder sind hier geboren. Die Familie ist gut integriert, unabhängig von Sozialhilfe. Zum 1. August 2003 soll sie nun nach Togo abgeschoben werden, ihre „Duldung“ läuft zum 20. Juli ab. Die Grünen im Landtag haben nochmals an das Innenministerium appelliert, alle Möglichkeiten für ein Bleiberecht auszuschöpfen.

Warum nun die Abschiebung? Die Gerichte haben den Asylantrag in mehreren Verfahren abgewiesen, obwohl das Leben von Vater Idrissou als Regimegegner und Oppositionsführer in Togo bedroht ist. Angeblich habe sich die politische Lage – nach einer recht umstrittenen Wahl – entspannt, doch hat sich als der Situation dort wieder drastisch verschlechtert. Der Familienvater hat erneut mit Verfolgung zu rechnen.

Leider ist die Gesetzeslage umstritten, weil es einen sogenannten „Stichtag“ gibt. Familien, die vor dem 1. Juli 1993 eingereist sind, bekommen mit der „Altfallregelung“ ein Bleiberecht. Herr I. kam 3 Monate zu spät nach Deutschland. Wirklich ein Härtefall!!

Behörden und Politiker schauen nur auf die Paragraphen.

Muss nicht das Kindeswohl bei jeder Entscheidung an erster Stelle stehen? Sollte nicht die Integrationsleistung der Flüchtlinge honoriert werden? Pro Asyl und die Flüchtlingsräte haben eine „Bleiberechtskampagne“ gestartet. Dazu läuft dazu eine Unterschriftenaktion bis zur „Woche des ausländischen Mitbürgers“ (28.9. – 5.10.03). Doch kommt unsere Hilfe noch rechtzeitig?

Inge Ammon

Netz-Info, Sommer 2003

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