Termine | Kontakt | Links

Start Wir über uns Archiv »Aus dem ÖNB«

Bericht von der Jahresversammlung des ÖNB, Mai 2001

»Zukunftsfähig werden«, »Agenda 21 und konziliarer Prozeß«, »Lokal handeln - global denken«

Jahrestagung des Ökumenischen Netzes Bayern
in Kloster Weltenburg, 11. bis 13. Mai 2001

Jahresversammlung des ÖNB
Studieneinheit

Die Jahrestagung des Ökumenischen Netzes Bayern hat seit langem zwei Aspekte: Auf der einen Seite bietet sie die Gelegenheit zum Austausch und zur Rechenschaft innerhalb des Netzes über das vergangene Jahr, zum anderen soll der Studienteil am Samstag sich mit Gegebenheiten und Problemen befassen, die den Menschen auf den Nägeln brennen.

So entstand heuer durch die Tatkraft von Sepp Stahl die Kooperation mit dem Landkreis Kelheim und den örtlichen kirchlichen Bildungswerken zum Thema »agenda 21 und konziliarer Prozess«, die den ganzen Samstag und den Sonntag bestimmten.

Der Freitagabend gehörte dem Netz allein mit Berichten und Austausch.

Entsprechend gliedert sich auch die Berichterstattung.

Neben den Rechenschaftsberichten wird vor allem der Studientag ausführlich dokumentiert.

I. Jahresversammlung des ÖNB, 11. Mai 2001, 19.30 Uhr

Grußwort des Vorsitzenden der AcKiB, Superintendent Reiner Stahl

Lieber Herr Willberg, liebe Mitwirkende im Ökumenischen Netz Bayern, liebe Schwestern und Brüder!

Für den neuen Vorsitzenden der AcKiB wäre es natürlich eine Pflicht, zu Ihrer Jahresversammlung nach Weltenburg zu kommen. Leider ist es aber wegen Terminüberschneidungen mit meinem Amt in der Evangelisch-methodistischen Kirche in diesem Jahr nicht möglich. Ich bitte, das zu entschuldigen, und möchte Sie auf diesem Weg ganz herzlich grüßen.

Für die AcKiB ist die Arbeit des Ökumenischen Netzes von großer Bedeutung. Es verknüpft viele praktische Initiativen und bringt viele sehr engagierte Menschen aus allen Kirchen zusammen. Während man sonst oft den Eindruck haben kann, daß Ökumene vor allem in Sitzungen besteht und viel Papier produziert, ist bei Ihnen zu sehen, daß Ökumene auch zu gemeinsamem Handeln führt. In dem kurzen Statement nach meiner Wahl habe ich davon gesprochen, daß ich mich für eine »leidenschaftliche Ökumene« einsetzen will. Ich verstehe darunter die Bereitschaft zur Teilnahme am Leben der Menschen und zur Anteilnahme an ihren Freuden und Leiden. Mit den Vorträgen, Seminaren und Workshops der Versammlung in Weltenburg geben Sie Anleitung, wie das geschehen kann.

Für Ihre Schrittmacherfunktion in Sachen »(Gemeinsam) lokal handeln und global denken« wünsche ich im Namen der AcKiB gutes Gelingen und Gottes Segen.

Reiner Stahl

Geistlicher Beginn

Als Koordinator des ÖNB ermutigte Hans-Harald Willberg die Teilnehmer des internen Teils der Jahresversammlung:

Wer sich auf das Reich Gottes einlasse, lebe zwischen Hoffnung und Enttäuschung. Wer auf Frieden hoffe und sich bemühe, sehe wie friedlos die Welt ist. Wer die Schöpfung zu lieben, zu ehren beginne, sieht wie kaputt sie ist. Das sei eine uralte Geschichte - so ist es immer schon gewesen. Auch die Jünger warteten auf das Reich Gottes. Sie fragten: »Wo ist das Reich Gottes? Zeig es uns!«

Aber das Reich Gottes gleicht einem Senfkorn, winzig klein, doch wenn es lange genug wächst, wird es zu einem Baum. Auch der Hebräerbrief ermutigt: Glaube ist gewisse Zuversicht. Ein Nichtzweifeln an dem, das »mensch« nicht sieht - das ist das Geheimnis des Glaubens. Gewisse Zuversicht ist eine Zuversicht, die sich nicht unterkriegen lässt. In der Hebräerbibel wird berichtet, daß Josua sein Volk ins gelobte Land führen soll mit dem Gebot: »Ich habe dir geboten, dass du getrost und zuversichtlich sein sollst.« Das ist die Aufgabe des Christen: In gewisser Zuversicht seinen Weg gehen! Es ist eine Frage des Sehenkönnens. »Wie kann ich in diese Welt hineinschauen. Was habt ihr mit eurem Engagement schon geschafft? Mensch kann alles schlecht reden. Am kleinen Korn hängt diese gewisse Zuversicht.«

Berichte für das Jahr 2000 bis Jahresversammlung 2001

Ständiger Ausschuß und Sprecherteam

Der Ständige Ausschuß (StAu) kam im Berichtsjahr zu fünf ganztägigen und einer zweistündigen Sitzung zusammen, in denen zu allen aktuellen Themen Stellung genommen und entsprechende Briefe und Aktionen beschlossen wurden. Weiter waren Themen die Kooperation mit anderen Organisationen, Pilgerwege, das NETZ-Info und das ÖNB im Internet.

Das Sprecherteam (Michael Kappus, Dr. Bernt Lampe und Gudrun Schneeweiß) traf sich ca. alle sechs Wochen zur Vor- und Nachbereitung der StAu-Sitzungen und zur Durchführung der Beschlüsse des StAu.

Dr. Bernt Lampe

NETZ-Info

Das NETZ-Info ist das Organ des ÖNB. In ihm sollen alle Aspekte des Konziliaren Wegs und die Aktivitäten der Mitglieder des ÖNB dargestellt werden. Die Vielfalt der Aktivitäten zeigt sich in der Vielfalt der Autoren der Artikel.

Zusammen mit Inge Ammon und Dr. Bernt Lampe bin ich für die Redaktion des »NETZ-Info« zuständig, das vier Mal im Jahr (Fastenzeit, Sommer, Herbst und Advent) erscheint. Ich sammle und redigiere die eingegangenen Artikel und Meldungen. Was im Spektrum von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung noch fehlt, ergänze ich - soweit wie möglich - aus eigener Recherche. Auch Texterfassung und Layout (neudeutscher Ausdruck für das Erscheinungsbild von Druckerzeugnissen) liegen bei mir.

Delegation in die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Bayern

Das ÖNB ist als eine von vier ökumenischen Basisbewegungen weiterhin Mitglied der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Bayern (AcKiB).

Im Berichtsjahr 2000 hat sich die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen ÖNB und der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Bayern weiter bewährt; die Anliegen des ÖNB stießen dabei allenthalben auf offene Ohren; so werden Einladungen zu Veranstaltungen des ÖNB selbstverständlich in der AcKiB nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern auch mit den Protokollen der AcKiB versandt.

Ich nahm an vier der fünf Sitzungen und der Delegiertenversammlung 2001, teil, Eliana Briante an der Sitzung im März 2000. Außerdem arbeitete ich in der Vorbereitungsgruppe für die Delegiertenversammlung 2001 mit.

Nach dem Ausscheiden von Eliana Briante aus dem Ständigen Ausschuß des ÖNB und ihrer Übersiedelung nach Sizilien übernahm dankenswerterweise Christa Riemer die Stellvertretung in der Delegation des ÖNB bei der AcKiB.

Für die neue Delegationsperiode 1.1.2001 bis 31.12.2004 delegierte der Ständige Ausschuß des ÖNB weiterhin Gudrun Schneeweiß und Christa Riemer in die Delegiertenversammlung der AcKiB. Gudrun Schneeweiß nimmt zudem die Interessen des ÖNB im Ständigen Ausschuß der AcKiB wahr, ihre Stellvertretung ist Christa Riemer.

Mitarbeit: Koordinationsgruppe Bayern der Erlaßjahrkampagne 2000

Seit dem Frühjahr 2000 arbeite ich für das ÖNB in der Koordinationsgruppe Erlaßjahr 2000 mit, die in Bayern bei der Arbeitsstelle Misereor in München angesiedelt ist.

So war das ÖNB in die Vorbereitung der Protestveranstaltungen an der bayerisch-tschechischen Grenze anläßlich der Tagung des IWF und des Währungsfonds im September 2000 in Prag beteiligt und ist jetzt in die Veranstaltungen in Genua anläßlich des G8-Treffens am 21./22.07.2001 in Genua eingebunden.

Gudrun Schneeweiß

Auswertung: ÖNB-Internetseiten

August 2000 bis Mai 2001, s. Graphik (übernächste Seite im NETZ-Info)!

Walther Schneeweiß

Bericht des Koordinators Hans Harald Willberg

Übernahme der Geschäftsführung

Im Mai 2000 habe ich von Birgit Beck die Geschäfte des ÖNB übernommen und alles wohlgeordnet vorgefunden. Dafür - und für ihre engagierte Arbeit - spreche ich Birgit an dieser Stelle noch einmal meinen ausdrücklichen Dank aus! In allen Fragen, die aufkamen (und gelegentlich noch aufkommen) hat mich Max Hutzler freundlich und kompetent beraten. Auch ihm einen herzlichen Dank! Die Buchführung liegt nach wie vor bei seinem Büro und wird von Frau Bauer umsichtig und freundlich erledigt. Ihr ist ebenso herzlich zu danken.

Wie die Geschäfte laufen (leicht gekürzt, G. S.)

  1. 229 persönliche Mitglieder, 60 Gruppen und 117 Interessenten sind registriert, von denen 147 Personen und 29 Gruppen in den letzten drei Jahren Spenden überwiesen haben.
  2. 385 Adressen erhalten das NETZ-Info, dabei tauchten in letzter Zeit 11 »Karteileichen« auf. Die Kosten für je einen Druck und Versand belaufen sich z. Z. auf etwa 1.300,00 DM.

Was aus Überlegungen und Plänen geworden ist.

  1. Der StAu organisiert seine Treffen durch das Sprecher/innen-Team selbst. Lediglich den Versand der Einladungen habe ich übernommen.
  2. Die Idee, mit den Gruppen mehr Kontakt aufzunehmen und zu pflegen, ist bisher aus zeitlichen Gründen nur sporadisch - meist telefonisch - gelungen, wird aber weiter versucht. Der Vernetzungsgedanke braucht m. E. solche Kontakte.
  3. Die andere Idee, mehr in die Regionen zu gehen, hat zu diesem Tagungsort und zu der Thematik der Jahresversammlung geführt. Auch diese Idee sollte weiterentwickelt werden.
  4. Die Anbindung des ÖNB an das Internet wurde in sehr kompetenter Weise von Walther Schneeweiß durch die Einrichtung einer eigenen Homepage durchgeführt, die sehr gut gelungen ist und von ihm auch immer wieder aktualisiert wird. Dafür sei ihm Anerkennung und Dank gesagt. Die Resonanz der Mitgliedsgruppen fiel dagegen enttäuschend aus. Bernt Lampe hat sich darum bemüht, aber kaum ein Echo erhalten. Schade, denn die Gruppen könnten diese Homepage auch für ihre eigenen Themen und Veranstaltungen aktiv nutzen.

Aktionen

  1. Am 16.12.2000 habe ich auf Bitten des StAus einen Brief an das Amtsgericht Bonn geschrieben und um Aussetzung der Strafe für Schwester Monika Maria Krohns gebeten, aber keine Antwort erhalten.
  2. Im Januar 2001 hat der StAu ein Protestschreiben gegen die amerikanischen und britischen Angriffe auf den Irak an die deutsche Bundesregierung beschlossen, das in einem Austauschverfahren erstellt und von verschiedenen Unterzeichnern abgeschickt wurde. Das Auswärtige Amt hat geantwortet (s. Briefabdruck unten).

Hans Harald Willberg

Brief des Auswärtigen Amts zu »Irak« vom 10. April 2001

Die Angriffe der amerikanischen und britischen Luftwaffe auf Bagdad und andere militärische Ziele im Irak im März 2001, ohne einen Auftrag der Vereinten Nationen erbeten zu haben, veranlaßten das ÖNB zu einer Briefaktion an die Regierung der Bundesrepublik Deutschland. - Die Vorlage dieses Briefes lag dem letzten NETZ-Info bei. - Das Außenministerium antwortete im April dem Geschäftsführer und der Sprecherin in gleichlautenden Schreiben, die hier ohne Anrede usw. veröffentlicht werden:

»... Die Irak-Politik war einer der Gegenstände, die Bundesminister Fischer Ende Februar mit seinem amerikanischen Amtskollegen Colin Powell in Washington erörtert hat. Er hat in dieser Begegnung die Auffassung der Bundesregierung bekräftigt, dass eine solche Aktion das politische Problem, das sich im Irak stellt, nicht lösen kann. Über die Notwendigkeit einer neuen politischen Strategie für den Umgang mit dem irakischen Regime gab es breite Übereinstimmung mit Außenminister Powell. Das gilt auch für das Gespräch von Bundesminister Fischer mit UN-Generalsekretär Kofi Annan am 4. März in Frankfurt.

Bundesminister Fischer hat ferner in seinen öffentlichen Stellungnahmen verdeutlicht, dass die Ursache der gegenwärtigen Politik der irakische Staatspräsident Saddam Hussein ist, der schwerste Menschenrechtsverletzungen in Kauf nimmt, um seine Ziele zu erreichen. Die internationale Gemeinschaft darf seine Versuche, Massenvernichtungswaffen und Trägersystem herzustellen, nicht vergessen. Den bis heute von Irak ausgehenden Gefahren trägt nicht zuletzt das ausgefeilteste Sanktionsregime Rechung, das die Vereinten Nationen seit ihrem Bestehen in Kraft gesetzt haben. Diese Maßnahmen müssen natürlich ständig auf ihre Wirksamkeit hin überprüft und der Entwicklung der Lage angepasst werden. Nach den intensiven Gesprächen, die Bundesminister Fischer hierüber mit seinem amerikanischen Amtskollegen Colin Powell in Washington geführt hat, zeichnet sich eine amerikanische Irak-Politik ab, die durchaus differenziert sein dürfte. Dies wird durch weitere Informationen und Gespräche seitdem bestätigt.«

Glücklicherweise - blieb es bei dieser einmaligen Luftangriffswelle, über Schäden machen die verschiedenen Seiten ganz verschiedene Angaben. Die Lage der Bevölkerung hat sich seitdem nicht verbessert, das UN-Abkommen »Öl für Lebensmittel« wurde allerdings nur bis Ende 2001 verlängert und Saddam Hussein will als »Gegenmaßnahme« die Öllieferungen einstellen. Zudem scheint es nun erwiesen zu sein, daß der Irak über atomare Waffen verfügt, oder wenigstens in der Lage ist, solche zu produzieren. Manchmal fragt »mensch« sich schon, was in den Köpfen von Machtpolitikern vorgeht und warum es so schwer einsichtig ist, daß Macht die andere Seite von Verantwortung für die anvertrauten Menschen ist.

Gudrun Schneeweiß

II. Studieneinheit: 12. und 13. Mai

Konziliarer Prozess und Agenda 21 - Bericht

Konziliarer Prozess und Agenda 21 sind die zwei Seiten derselben Medaille. Auf diese kurze Formel kann das Ergebnis der Jahresversammlung »Zukunftsfähig werden« gebracht werden, die das Ökumenische Netz Bayern zusammen mit der Agenda 21 des Landkreises Kelheim, dem Katholischen Bildungswerk im Landkreis Kelheim, dem Evangelischen Bildungswerk Regensburg und dem Sachausschuß für Mission, Entwicklung, Frieden und Bewahrung der Schöpfung der Diözese Regensburg am Wochenende vom 11. bis 13. Mai 2001 im Kloster Weltenburg an der Donau veranstaltet hat, in dem bayerischen Landkreis, wo bereits 75 % der Gemeinden sich dem Agenda-21-Prozess angeschlossen haben.

Prof. Markus Vogt (Clearing-Stelle »Kirche und Umwelt« der Deutschen Bischofskonferenz und Professor für Sozialethik an der Theologisch-Philosophischen Hochschule der Salesianer in Benediktbeuren) machte in seinen biblisch-theologischen Überlegungen »Lokal handeln - global denken« deutlich: Der politische Prozeß der Agenda 21 wird nur lebensfähig und erfolgreich sein, wenn er eine Grundlage im Schöpfungsglauben der Bibel hat; denn dessen Grundaussage ist der Eigenwert der Natur gepaart mit der absoluten Beachtung der Würde des Menschen. Alles Geschaffene ist auf seinen Schöpfer verwiesen. Voraussetzung jeglichen menschlichen Handelns muß die Gottes- und Nächstenliebe sein, verbunden mit der Ehrfurcht vor der Schöpfung Gottes. Dem Dreiklang »Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung« entspricht im Agenda-21-Prozess der von Nachhaltigkeit in der Entwicklung von Ökonomie, Ökologie und sozialer Gerechtigkeit, für den der Ökumenische Rat der Kirchen schon 1974 den Begriff der »sustainable economy« geprägt hatte und den alle Ökumenischen Versammlungen in Deutschland und Europa bis hin zu Seoul und Graz bekräftigten. Deshalb sind auch 1992 weite Passagen dieser Überlegungen in die Dokumente der Agenda 21 von Rio eingegangen.

In Unterhaching, einer sehr schnell gewachsenen Gemeinde im Spannungsfeld zwischen Großstadt und ländlichem Oberbayern, am südöstlichen Rand von München standen so auch am Beginn der Umsetzung der Forderungen von Rio christliche Gruppen. Daß sie bei Gemeinde und Bürgermeister Unterstützung fanden, ist ein Glücksfall, wie der Referent Klaus Schulz-Neuhoff als Vorsitzender der Agenda 21 Unterhaching darlegte. Jetzt hat die Gemeinde einen gut funktionierenden Agenda-21-Kreis, an dem sich fast ganz Unterhaching beteiligt, von den Vereinen bis hin zu Handel und Industrie, der Gemeinderat unterstützt ihn finanziell, so daß auch notwendige, aufwändige Gutachten erstellt und der Gemeinderat dadurch wiederum bestens beraten werden kann.

Diese Zusammenarbeit zwischen Bürgern und politischer Gemeinde ist auch für Dr. F. J. Rother, den Umweltbeauftragten der Erzdiözese Bamberg, als dritten Referenten der entscheidende Punkt: Der Agenda-21-Prozeß als politisch gewollter Prozeß kommt nicht ohne ethische Orientierung aus, er braucht die Institutionalisierung einerseits, birgt aber dabei andererseits auch die Gefahr in sich, daß politische Interessen Einfluß gewinnen, - und ohne stimmige zwischenmenschliche Beziehungen ist er als eine Art Bürgerbewegung zum Scheitern verurteilt. Die Kirchen müssen in diesem Prozeß nicht unbedingt Mitträger sein, aber sie sind als Ansprechpartner wichtig, weil sie einerseits manche Unternehmung zur Nachhaltigkeit in eigener Verantwortung verwirklichen können, andererseits von ihrer Aufgabe her immer das Heil der ganzen Welt, nicht nur des eigenen Landes im Auge haben sollten.

In Arbeitsgruppen zu Problemfeldern wie »Energiewende«, »Landwirtschaft im Umbruch« bis zu »Meine Welt - eine Welt« wurde die Nagelprobe auf die Vortragsthesen versucht und - gewonnen.

Daß ein archäologischer Spaziergang dann gar die Bestätigung für die Notwendigkeit nachhaltigen Wirtschaftens lieferte, war noch eine besondere Überraschung: Von der Jungsteinzeit an gab es auf den Höhen um Weltenburg Siedlungen, deren Menschen von der Metallgewinnung und -verarbeitung lebten; mit dem dafür nötigen Brennen von Holzkohle vernichteten sie aber die Wälder als ihre Lebensgrundlage. So konnte keine Siedlung mehr als 150 Jahre existieren und es brauchte etwa 300 Jahre, bis sich der Wald für neue Metallgewinnung und Ansiedlung regeneriert hatte ...

Sollte die Erfahrung schon aus der Steinzeit nicht eine Warnung für unsere Zeit mit ihren zusätzlichen komplexen Problemen sein, wo es eben keine Fluchtmöglichkeiten aus einer zerstörten Umwelt mehr geben kann?

Gudrun Schneeweiß

Praktizierter Schöpfungsglaube in Agenda-21-Prozessen - Agenda 21 und katholische Organisationen

Prof. Markus Vogt fesselte mit seinem Referat »Biblisch-theologische Überlegungen zu lokal handeln - global denken« seine Zuhörer, aber sprach - bis auf ein paar Notizen - völlig frei, und niemand machte einen »Mitschnitt«. Dankenswerterweise stellte er dem NETZ-Info ein Referat zur Verfügung, in dem er sich im April 2001 aus der Sicht katholischer Verbände mit demselben Thema befaßte.

Die Agenda 21 steht für eine Suche nach der Wiedergewinnung neuer, langfristiger Zukunftsperspektiven für unsere Zivilisation. Sie ist der Fahrplan für die Vision der Versöhnung mit der Schöpfung durch ökologisch tragfähige Lebens- und Wirtschaftsformen. Mit ihrem Leitbild der Nachhaltigkeit stellt sie unser lokales Handeln in den Anspruch einer globalen, auch künftige Generationen einschließenden Solidarität.

In diesem radikalen Anspruch stellt die Agenda 21 eine tiefe ethische und spirituelle Herausforderung dar, denn für eine gelingende Umsetzung kommt es nicht allein auf politische Verhandlungen und technische Innovationen an, sondern ebenso auf die persönliche Bereitschaft vieler Menschen zur Rückbesinnung auf die tragenden Grundwerte des Lebens. Hierfür kann die befreiende Perspektive des biblischen Schöpfungsglaubens, der einen gärtnerischen Umgang mit der Natur fordert (Gen 2,15) und den Wert des Menschen nicht an Besitz, Konsum oder Macht mißt, wesentlich beitragen. Die weltweite Präsenz der Kirche als Lerngemeinschaft globaler Solidarität ist ein unverzichtbarer Baustein für eine nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 21.

Nachhaltigkeit ist eine »Übersetzung« christlicher Schöpfungsverantwortung in die Sprache heutiger Politik und Wirtschaft. Deshalb ist christliche Schöpfungsverantwortung heute auf den Weg der Agenda 21 verwiesen. Ihre konzeptionelle Verbindung von Umweltschutz, weltweiter Armutsbekämpfung und demokratischer Mitbestimmung hat wesentliche Wurzeln im konziliaren Prozeß für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Von diesem Hintergrund her ist das Engagement für die Umsetzung der Agenda 21 praktizierter Schöpfungsglaube. Es ist ein Zeugnis für die Gegenwart Gottes in der Schöpfung.

Angesichts der Globalisierung der ökologischen und sozialen Frage fehlt es nicht an moralischen und politischen Appellen, sondern an Glaubwürdigkeit. Das gilt auch für die Kirchen. Deshalb kommt es entscheidend auf das Engagement vieler Christinnen und Christen vor Ort in ihrer Organisation oder Gemeinde an. Leitsatz der Agenda 21 ist hierfür: »Global denken --lokal handeln«.

Bisher haben ca. 10 % der Städte bzw. Kommunen in Deutschland einen Agenda-21-Prozeß begonnen. Häufig fehlt es aber noch erheblich an der Umsetzung der Ideen und Beschlüsse. Deshalb ist es unverzichtbar, daß von Anfang an Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft beteiligt sind. Als »Brücke« von Perspektiven und Akteuren über das Umwelt- und Eine-Welt-Milieu hinaus können kirchliche Organisationen hier eine wichtige Rolle spielen.

Die Beteiligung von Christen und Christinnen bei solchen Prozessen ist überdurchschnittlich, es fehlt jedoch an einer institutionellen Einbindung ... Nur wenn das christliche Engagement in Agenda-21-Prozessen in kirchlichen Organisationen Rückhalt findet und erkennbar vom Glauben geprägt ist, kann es sich auch für das kirchliche Leben selbst als fruchtbar und identitätstiftend auswirken. Dialogprozesse in kirchlichen Verbänden und Bildungseinrichtungen bieten hier gute Anknüpfungspunkte und können durch eine aktive gesellschaftliche Perspektive an Attraktivität gewinnen.. Aufgrund der hohen Komplexität der Umwelt und Entwicklungsprobleme ist die Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Gruppen hier auch für die Kirchen selbst notwendig, da sie in vielen Fragen für sich alleine nicht genügend Kompetenz mitbringen. Von diesem Hintergrund empfehlen die Deutschen Bischöfe (Handeln für die Zukunft der Schöpfung, Nr. 266 f.) sowie die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung in Graz (Empfehlung 1.3) ausdrücklich eine Mitarbeit in Agenda-21-Prozessen.

Es gibt in den kirchlichen Organisationen und Gemeinden bereits viel Engagement, das den Leitlinien der Agenda 21 entspricht, seien es die zahlreichen Eine-Welt-Gruppen, die Umweltinitiativen in kirchlichen Verbänden, Kindergärten, Schulen und Gemeinden, Initiativen für Nachbarschaftshilfe und soziale Verantwortung, Beratungsangebote und Initiativen zur ländlichen Entwicklung und zur Bewältigung der BSE-Krise von Seiten der Katholischen Landvolkbewegung oder schöpfungsethische Impulse bei christlichen Festen. All dies könnte seinen Platz in Agenda-21-Prozessen finden. Oft ist jedoch den Akteuren selbst der Zusammenhang zur Agenda 21 nicht bewußt. Man kann diese Situation auch als Chance sehen, insofern die Kirchen hier in vielen Bereichen nur realisieren müssen, daß sie aus dem Vollen schöpfen und unerwartete Kooperationspartner und -partnerinnen finden können. Es muß nicht immer Neues und Zusätzliches gemacht werden, sondern oft nur der aktuelle und weltweite politische Horizont verdeutlicht und der Kontakt zu bestehenden Gruppen geknüpft werden, um sich der Gemeinsamkeit der Anliegen bewußt zu werden und Initiativen wirksam zu bündeln.

Die Kirche kann heute nicht nur darauf warten, daß die Leute zu ihr kommen, sondern hat eine Bringschuld, ihre Botschaft als Antwort auf aktuelle gesellschaftliche Fragen in die Gesellschaft hineinzutragen. Das Engagement in Agenda-21-Prozessen kann ein solches Glaubenszeugnis inmitten der Gesellschaft sein. Die Kirchen haben dabei viel an Kompetenz, Engagement, funktionsfähigen, internationalen, staats- und wirtschaftsunabhängigen Strukturen sowie an ethischer und spiritueller Tiefendimension zu bieten. Dies kann jedoch nur im Sich-Einlassen auf einen welchselseitigen Lernprozess fruchtbar werden. Die Beteiligung an Agenda-21-Prozessen ist Modell für eine weltoffene Kirche, die die Zeichen der Zeit zu erkennen sucht.

Gelungene Beispiele für kirchliches Engagement in Agenda-21-Prozessen gibt es einige: In Berlin-Köpenick und München-Unterhaching wurden die Prozesse von kirchlichen Gruppen angestoßen. Die Initiativen zur Regionalvermarktung in der Diözese München und Freising gingen von der kirchlichen Bildungsarbeit aus (Projekt »Eigenständige Regional- und Dorfentwicklung«). In der Diözese Stuttgart haben katholischen Organisationen das PEPERONI-Projekt gestartet, das sich zum Ziel gesetzt hat, 100 Agenda-21-Prozesse zu initiieren. Einige Diözesen haben unter verschiedenen Bezeichnungen diözesane Agenda-21-Prozesse begonnen (»Unternehmen Lebensbaum« in Würzburg, »Pro Schöpfung« in Osnabrück, »Diözesane Agenda 21: Netzwerk für die Schöpfung« in Eichstätt, »Zukunftsfähige Diözese« in Passau). In Rheinland-Pfalz und im Saarland haben die Kirchen zusammen mit verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen wiederholt die Aktion »Autofasten - heilsam in Bewegung kommen« durchgeführt, an der sich in der diesjährigen Fastenzeit über 700 Haushalte beteiligt haben.

In der Diözese Freiburg gibt es einen Energiefond, aus dem zahlreiche Projekte für regenerative Energie und Energieeinsparung gefördert werden. Die Pfadfinder der Diözese Regensburg haben einen Agenda-21-Prozeß unter dem Namen »Lust auf Leben« begonnen. Viele Klöster engagieren sich für eine nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 21 (z. B. Kloster Marienthal in der Diözese Dresden mit 100 % regenerativer Energie für die Klosteranlage, das Internationale Begegnungszentrum und die gesamte Ortschaft Ostritz). 16 kirchliche Einrichtungen beteiligen sich an dem deutschlandweiten ökumenischen Projekt »kirchliches Umweltmanagement«, das die gesamte Verwaltung nach den Richtlinien der europäischen Öko-Audit-Verordnung umweltgerecht gestalten will (z. B. EKD-Zentrale in Hannover, Caritas Würzburg, Kloster Benediktbeuren). In Bayern wurde der »Tag der Regionen«, an dem sich Agenda-21-Initiativen öffentlich präsentieren, auf den Termin des Erntedankfestes gelegt, was an vielen Orten zu einer fruchtbaren Begegnung zwischen kirchlichen und ökologischen Initiativen geführt hat.

Das kirchliche Engagement für die Umsetzung der Agenda 21 sollte vom spezifisch christlichen Hintergrund her ein erkennbar eigenes Gesicht gewinnen, dann aber durch Vernetzungen noch viel stärker als bisher in die Gesellschaft hineingetragen werden. Solche Vernetzung ist ein methodischer Leitgedanke der Agenda 21. Es ist für katholische Organisationen eine Chance, neu die politische Dimension des Glaubens zu entdecken. Eine solche Erneuerung der Demokratie wirkt dem Rückzug vieler Bürger ins rein Private entgegen und schafft Handlungsspielräume für eine nachhaltige Politik; sie kann »Politik möglich machen« - wie es das Gemeinsame Wort als Leitlinie kirchlicher Einmischung in die Politik formuliert (EKD/ DBK, Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit, Nr. 4). Hier liegen fundamentale Herausforderungen für eine Religiosität, die sich nicht nur als Privatsache des Einzelnen versteht, sondern als Quelle für eine humane Gestaltung des öffentlichen Lebens.

Dr. Markus Vogt

Und so wurde in den Gruppen gearbeitet:

Beispiel: Arbeitsgruppe Energiewende

Ausgehend von der Frage, ob es möglich sei, den Weltenergieverbrauch bis zum Jahr 2050 ausschließlich aus regenerativen Energieträgern zu decken, erfragte Prof. Dr. Martin Creuzburg von der Uni Regensburg in einem zu Beginn der Arbeitsgruppe verteilten Fragebogen die Einschätzung der Teilnehmer über die Möglichkeiten regenerativer Energien.

Anhand verschiedener Untersuchungen entwickelte er einige Prognosen zur Entwicklung des Energieverbrauchs und der -erzeugung und ging - je nach deren möglicher Bedeutung - auf die verschiedene Energieträger näher ein: Die größten Zuwächse bei der Energieerzeugung hätten demnach Windenergie und Photovoltaik, aber auch die Verwendung von Biogas, Holz und anderer nachwachsender Rohstoffe. Das Ergebnis seiner Ausführungen war, daß es - rein technisch zumindest - möglich wäre, dieses Ziel zu erreichen. Eine Betrachtung, ob aus politischer oder wirtschaftlicher Sicht die notwendigen Entwicklungen eingeleitet werden, wurde dabei wurde jedoch bewußt außer Acht gelassen.

Auf Grund dieser Darlegungen schätzten die Teilnehmer der Arbeitsgruppe bei einer Schlußbefragung die Chancen einer Energiewende fast einhellig höchst positiv ein.

Interessant war im Zusammenhang mit der Photovoltaik vor allem eine Untersuchung über die Möglichkeiten der solaren Stromerzeugung in Bayern: Wenn alle dafür geeigneten Dachflächen in Bayern mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet wären (Privathäuser und Gewerbegebäude) könnte so der gesamte Stromverbrauch aller Privathaushalte - etwa 1/3 des gesamten Stromverbrauchs - abgedeckt werden.

Karl Mirwald

Netz-Info, Sommer 2001

zurück