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Aus dem ÖNB:
Teil 4: Themenbereich Gerechtigkeit

Oekumenischer Ratschlag in Nürnberg am 09.10.2016

Pressemitteilung

Christliches Engagement für Gerechtigkeit, Frieden und Schöpfungsbewahrung fördert die Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) der Vereinten Nationen

(Nürnberg) Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen wird von ökumenischen Initiativgruppen kritisch unterstützt. Die 17 UNO-Ziele für nachhaltige Entwicklung knüpfen inhaltlich an den jahrzehntelangen Einsatz von Christen und Kirchen für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung an. Das erklärten Mitglieder der ökumenischen Netze in Deutschland auf einem »Ratschlag« in Nürnberg am 09.10.2016 im Caritas-Pirckheimer-Haus.

Der rasche Klimawandel, die auseinandergehende Schere zwischen Reich und Arm sowie die Versuchung zu militärischen Konfliktlösungen machen ein breites Engagement erforderlich.

Für die großen christlichen Hilfswerke referierten von »Brot für die Welt« der Experte Daniel Jüttner, von »Misereor« Dr. Klaus Schilder und vom »Forum für Umwelt und Entwicklung« als zivilgesellschaftlichem Dachverband Marie-Luise Abshagen. Aus Bern reiste Dr. Beat Dietschy an, bis vor kurzem Zentralsekretär von »Brot für alle« in der Schweiz.

Die Initiativen weisen auf einen Widerspruch in den Zielen der Vereinten Nationen angesichts der lebensgefährdenden Übernutzung der Erde auf ökologische Verträglichkeit jeder Entwicklung. Andererseits setzen sie auf ein Ressourcen verbrauchendes Wirtschaftswachstum auch in den industrialisierten Ländern. Hier werde deutlich, dass die Entwicklungsziele der UNO eben Kompromisse bei widerstreitenden Interessen sind. Die Finanzierung und Überprüfbarkeit können bislang nicht als gesichert gelten.

Die Teilnehmenden zeigen sich überzeugt, dass eine Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele ohne Änderung des Wirtschaftssystems nicht möglich ist. Ein gutes Leben für alle verlange vor allem für die Industrieländer einen völlig neuen Pfad, der hier auf ein »Genug« setze.

Entsprechende Aussagen kommen sowohl von den Vollversammlungen des ökumenischen Rates, einer Plattform für eine halbe Milliarde Christen, als auch von Papst Franziskus für die katholische Kirche. Die ökumenischen Initiativen in Deutschland wollen einen Beitrag für die Verbreiterung der Diskussion über die nachhaltigen Entwicklungsziele leisten. Sie sehen Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Glaubensrichtungen sowie mit Gewerkschaften und neuen sozialen Bewegungen oder der Wissenschaft. Vor allem möchten sie Beispiele für neue Wege des Wirtschaftens auf der Ebene von Gruppen und Gemeinden wie auch die Diskussion über eine neue Wirtschaftsweise fördern.

Aus ökumenischen Basisinitiativen entstanden u. a. die »Eine-Welt-Läden«, die Mikro-Credit-Bank »Oikocredit« oder die »Erlassjahr«-Kampagne. Sie sind bis heute tragende Säulen der Friedensbewegung und des Engagements für Klimagerechtigkeit.

Ökumenische Netze treffen sich regelmäßig deutschlandweit zur Beratung. Eine Versammlung fand mit mehr als 500 Teilnehmenden 2014 in Mainz statt unter dem Motto »Die Zukunft, die wir meinen – Leben statt Zerstörung«.

Stiftung Oekumene, Lindenspürstr. 30, 70176 Stuttgart. V.i.S.P. Pfr. Ulrich Schmitthenner. E-Mail: ecunet@t-online.de; Tel.: 0711/22 65 69 0.


»Verschwörung der Reichen«

Schon früh erkannt:
»Wenn ich daher alle unsere Staaten, die heute irgendwo in Blüte stehen, im Geiste betrachte, und darüber nachsinne, so stoße ich auf nichts anderes, so wahr mir Gott helfe, als auf eine Art Verschwörung der Reichen, die den Namen und Rechtstitel des Staates missbrauchen, um für ihren eigenen Vorteil zu sorgen.«
(Thomas Morus, 1477/78-1535)


Verfassungsgerichts-Präsidenten fürchten Verfall der Demokratie

Der französische und der deutsche Verfassungsgerichts-Präsident haben sich in einem Interview sehr besorgt geäußert über den Verfall der Demokratie in Europa. Laurent Fabius und Andreas Voßkuhle bezogen sich auf die Entwicklung in Polen. »Natürlich sind wir besorgt über das, was dort passiert«, sagte Fabius. »Wer die Befugnisse eines Verfassungsgerichts einschränkt, wie das in Polen der Fall ist, der greift den Kern des Rechtsstaats an.« Und Voßkuhle sieht die Europäische Union »in keinem guten Zustand«. Der Umgang der Regierung in Warschau mit dem polnischen Verfassungsgericht sei »ein Irrweg für Europa und damit auch für Polen«.

Die polnische Regierung hatte eine Justizreform verabschiedet, die das Verfassungsgericht erheblich schwächt. Daraufhin hat die europäische Kommission erstmalig eine Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat eingeleitet.

Die beiden Verfasssungsgerichts-Präsidenten warnten zugleich vor einem nachsichtigen Umgang der EU mit Großbritannien bei den Verhandlungen über den Brexit. Das Land »kann nicht gleichzeitig drinnen und draußen« sein Der Austritt »muss Konsequenzen haben«. Wer Privilegien der EU »in Anspruch nimmt, muss deren Lasten mittragen«.
Ein weiterer Sorgenpunkt: Die Beschränkung von Grundrechten im Kampf gegen den Terror. Verfassungsgerichte seien nicht dazu da, sagte Voßkuhle, »den Sicherheitsbehörden eine Blankovollmacht zu geben.«
(Quelle afp)


Flüchtlinge

Schilderung eines Flüchtlings und Bewertung

»Ein Wagen kam auf uns zu, der Fahrer beschimpfte uns und warf dann mit einer Bierflasche nach mir.« Jahida T. war mit ihren Kindern gerade auf dem Weg zum Arzt, als sie auf offener Straße angegriffen wurden. »Ich gehe ohne meinen Mann nirgendwo mehr hin, ich habe zu viel Angst. Wir bleiben den ganzen Tag drinnen.« So wie der Palästinenserin geht es vielen Menschen, die in Deutschland vor Krieg, Hunger und Terror Schutz suchen: Sie haben Angst und leben auch hier in Unsicherheit – denn rassistische Gewalt nimmt in Deutschland drastisch zu.

»Politik und Behörden haben zu lange die Augen verschlossen und bisher nicht genügend dagegen unternommen.«

Begründung für Petition an den Bayerischen Landtag

Der Asyl-Unterstützerkreis Heilsbronn begründet, weshalb die folgende Petition nötig wurde:
Kontakt: Gabi Schaaf, Stadträtin


Wir sind einer von vielen Helfer- oder besser Unterstützerkreisen in der Flüchtlingsarbeit, organisiert als Arbeitsgruppe zwischen Stadtverwaltung und evangelischer Kirchengemeinde.

Ca. 120 Flüchtlinge sind in unserer Kommune dezentral in Wohnungen und Häusern untergebracht. Eine kleine Zweigstelle von Zirndorf als Erstaufnahmelager in einem Gasthof ist im Juli 2016 wieder geschlossen worden.

Im Moment sind 53 Personen engagiert im Sprachkurs, als Kontaktpersonen, in der Fahrradwerkstatt, bei Fahrdiensten und Ämterbegleitungen, im Begegnungscafe und manch anderen Tätigkeiten. Unser Arbeitsteam zusammen mit ca. 10 Flüchtlingen ruht gegenwärtig – wir hatten zwei städtische Häuser und einige andere dezentrale Quartiere zum Teil renoviert und möbliert.

Die Bayerische Staatsregierung hatte Ende April 2016 den Beschluss gefasst, dass alle dezentralen Flüchtlingsquartiere geschlossen werden. Die dafür zuständigen Landratsämter erhielten Anweisung, Mietverträge zu beenden bzw. auslaufen zu lassen; neue Quartiere dürfen nicht mehr angemietet werden. In Bayern gäbe es genug leerstehende Kasernen, so die vordergründige Begründung. Die Folgen für die Flüchtlinge und deren Integration spielen dabei keine Rolle. Vor allem verlieren sie die Chance der Nachbarschaft, die Möglichkeit, sich in Vereinen zu engagieren oder ein einigermaßen eigenständiges Familienleben zu gestalten.

Wichtig für uns als Unterstützerkreis ist, dass mit dem Aus der dezentralen Unterbringung auch unser ehrenamtliches Engagement ins Leere greift: Kaum einer wird sich auf den Weg zu einer 30 Kilometer entfernten Massenunterkunft begeben – und das gilt für viele ehrenamtliche Helfer.

Mit der Petition an den Landtag wollen wir erreichen, dass es den Landratsämtern wieder ermöglicht wird, dezentrale Unterbringungen einzurichten.
Karl-Heinz Klose

Petition an den Bayerischen Landtag

20.10.2016

Die Unterzeichner bitten nachhaltig darum, dass den Landratsämtern wieder ermöglicht wird, Flüchtlinge und Asylbewerber dezentral unterzubringen.

Begründung

Die dezentrale Unterbringung ermöglicht ein Leben in Nachbarschaft; damit wächst in der Regel das Verständnis für Flüchtlinge, die »Einweisung« in unsere Gepflogenheiten und Lebensweise sowie die Nachbarschaftshilfe. Sie dient dem sozialen Frieden.

Mit der dezentralen Unterbringung können wir Helferkreise wirksame Arbeit und Unterstützung bieten. Zentrale Unterbringung erschwert in aller Regel die ehrenamtliche Arbeit und das bürgerschaftliche Engagement immens. Damit fällt auch die Unterstützung und Ergänzung der Hauptamtlichen und der diversen Ämter weg.

Persönliche Begegnungen in den dezentralen Unterbringungen schaffen oftmals positive Effekte und Erlebnisse, die den Flüchtlingen und Asylsuchenden gut tun, sie entlasten und psychische Wunden zum Teil heilen können.

Zentrale Unterbringung fördert die Gefahr von Spannungen in der Einrichtung; sie braucht Sicherheitsdienste und notfalls auch Polizeieinsatz.

Landratsämter können einschätzen, wo sich dezentrale Unterbringungen bewährt haben bzw. wie eine sinnvolle Relation von zentraler Einrichtung und dezentralen Möglichkeiten aussieht. Wir bezweifeln, ob die Unterbringung in zentralen Einrichtungen gesamtgesellschaftlich kostengünstiger ausfällt.

Heilsbronn, den 20.10.2016
Der Asylunterstützerkreis Heilsbronn (z. Zt. 53 Mitglieder)
Kontakt: Karl-Heinz Klose, Pfr. i. R., Bahnhofsteig 34, 91560 Heilsbronn, Tel. 09872/956556


Überweisungen nach Hause

Rund 58 Milliarden Euro überweisen afrikanische Migranten jährlich nach Hause. Das ist weit mehr als die gesamte Entwicklungshilfe, die ihr Kontinent pro Jahr erhält. Im Senegal betragen die sogenannten Remittances mehr als 10 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Es sind harte Devisen, auch deswegen zeigt die Regierung wenig Interesse, die Abwanderung junger Bürger einzudämmen. Sie leisten private Entwicklungshilfe für einen Staat, der sich kaum entwickelt.
(Der Spiegel 45/2016 S. 99)


Trump und die weißen Christen in den USA

81 Prozent der weißen Evangelikalen haben für Trump gestimmt, 60 Prozent der weißen Katholiken ebenso. Auch in der kirchlichen Hierarchie gibt es Zuspruch.
Barry C. Black, amtierender Seelsorger im US-Senat: »Donald Trump ist zum Präsidenten gewählt worden, und ich bin dankbar, optimistisch und zufrieden.« Erzbischof Joseph E. Kurz, Präsident der katholischen Bischofskonferenz, verleiht seiner Freude Ausdruck, »mit Donald Trump, dem gewählten Präsidenten, zum Schutz des Lebens von seinen verletzlichen Anfängen bis zu seinem natürlichen Ende zusammenzuarbeiten.«

Bostons Kardinal Sean P. O`Malley bittet den Allmächtigen um »gute Gesundheit für Donald Trump, Weisheit und Mut«. (siehe Publik Forum Nr. 22/2016)

Für uns in den Ökumenischen Netzen, die wir uns seit Jahrzehnten im Konziliaren Prozess engagieren, ist es in keiner Weise nachvollziehbar, warum große Mehrheiten der weißen Christen in den USA zu Trump stehen.

Sepp Stahl


Flüchtlingsinvasion?

»Wenn man Flüchtlinge nicht als Menschen, sondern nur als Zahlen in den Nachrichten wahrnimmt, entsteht der Eindruck: Hier findet eine Invasion statt, wir werden überrannt von einem Menschenstrom, der über unsere Grenze kommt. Aber eine Invasion entsteht durch einen Feind, der stärker ist, aufgrund seiner Bewaffnung oder seiner bloßen Anzahl. Aber diese Menschen sind nicht stärker. Sie sind uns auch nicht zahlenmäßig überlegen. Und vor allem sind sie nicht unsere Feinde. Es sind Opfer. Sie sind verletzlicher als wir. Und es sind viel weniger. In der Europäischen Union wohnen 500 Millionen Menschen. 2016 kamen ungefähr 350 000 Flüchtlinge über das Meer. Ein neuer Flüchtling auf 1400 Europäer. Das ist ein neuer Mensch auf ein ganzes Dorf. Müssen wir Angst vor ihnen haben?«
(Pietro Bartolo, Arzt auf Lampedusa in einem Spiegel-Interview, Der Spiegel 51/2016)


Studientag des ÖNB 2015

Wer sich öffentlich kritisch über die Politik des Staates Israel äußert, muss damit rechnen, dass ihm oder ihr sofort der Vorwurf des Antisemitismus begegnet. Unserem Studientag des Jahres 2015 zum Thema „Dem Zusammenleben Zukunft geben. Wem gehört das Heilige Land?“ ging es nicht anders. Deshalb veröffentlichen wir eine lesenswerte Stellungnahme von Professor Paech, einem der Referenten dieses Studientags in München:

Zum Antisemitismusvorwurf gegen die BDS-Kampagne

Seit einiger Zeit wird versucht, die anhaltende und sich ausbreitende Kritik an der Israelischen Besatzungs- und Siedlungspolitik nicht mehr mit Argumenten, sondern mit dem pauschalen Vorwurf des Antisemitismus abzublocken und die Kritikerinnen und Kritiker zum Schweigen zu bringen. Dieser Vorwurf trifft insbesondere die nun auch in Deutschland stärker werdende Bewegung zu Boykott, Desinvestment und Sanktionen (BDS) gegen Israel, die sich dem Aufruf der palästinischen Zivilgesellschaft vom Juli 2005 und den bereits zahlreichen Kampagnen im Ausland anschließt. Mit dem Antisemitismusvorwurf werden in Deutschland insbesondere zwei Behauptungen verbunden: die BDS-Kampagne bestreite das Existenzrecht Israels, und sie sei die moderne Variante des nationalsozialistischen »Kauft nicht bei Juden«. Da alle diese Vorwürfe jeder realen Grundlage entbehren, aber immer mehr dazu führen, dass die öffentliche Kritik mit administrativen Maßnahmen unterbunden wird und die Kritikerinnen und Kritiker in ihrer Meinungs- und Redefreiheit eingeschränkt werden, sieht sich BIB zu einer Klarstellung veranlasst, ohne selbst Teil der Bewegung zu sein.

Der palästinensische Aufruf von 2005 ist der legitime Ausdruck zivilen Widerstands gegen die Besatzungs- und Siedlungspolitik, die in all ihren Aspekten der Diskriminierung, der Vertreibung, der Annektion und des Landraubs eindeutig und unbestritten völkerrechtswidrig ist. Dies ist seit 1948 in hunderten von UN-Resolutionen sowie vom Internationalen Gerichtshof in seinem Gutachten vom Juli 2004 wiederholt und bestätigt worden. Dennoch haben alle internationalen Interventionen und Friedensbestrebungen die israelischen Regierungen nicht dazu bewegen können, die grundlegenden Prinzipien der internationalen Konventionen und des allgemeinen Völkerrechts anzuerkennen und die Besatzung und Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung aufzugeben.

Scheitert die internationale Politik, Israel zur Beachtung des Völkerrechts zu bewegen, verbleibt der palästinensischen und internationalen Zivilgesellschaft als letztes Mittel des gewaltfreien zivilen Widerstandes der Boykott gegen Israel, so wie sie es seinerzeit gegen die völkerrechtswidrige Apartheidspolitik Südafrikas praktiziert hat. Die BDS-Bewegung bestreitet weder ausdrücklich das Existenzrecht Israels noch wird mit der Kampagne selbst schon das Existenzrecht Israels negiert. Das Ziel ist allein die Beendigung der Besatzung, die Rückgabe des geraubten Landes, die Beendigung der Diskriminierungen, Schikanen und Vertreibungen, die Beachtung der Menschenrechte und die Anerkennung der palästinensischen Bürgerinnen und Bürger als gleichberechtigt. Nur wer die besetzten Gebiete entgegen dem internationalen Recht territorial als integralen Teil zu Israel zählt, kann der BDS-Bewegung vorwerfen, das Existenzrecht Israels zu leugnen. Der Boykott soll ausdrücklich mit der Anerkennung des Völkerrechts durch Israel und der Beendigung der Besatzung enden – ein deutliches Zeichen der Anerkennung Israels in seinen völkerrechtlichen Grenzen!

So legitim es ist, immer wieder an das faschistische »Kauft nicht bei Juden« zu erinnern, so abwegig ist es, diesen Aufruf der BDS-Bewegung anzulasten. Während es im Nationalsozialismus um die Vernichtung eines Volkes ging, steht heute die Anerkennung des internationalen Rechts und der Schutz eines Volkes vor Unterdrückung und Vertreibung im Zentrum der Aktivitäten. Gerade die Geschichte unserer NS-Vergangenheit und der Weg zurück in den Rahmen des Völkerrechts und der Vereinten Nationen sollten uns besonders sensibel für den Wert dieser Institutionen, national wie international machen. Wer immer wieder die Verantwortung für die Existenz Israels betont, darf dafür nicht die Unterdrückung des palästinensischen Volkes in Kauf nehmen und die Existenz eines palästinensischen Staates einer unsicheren Zukunft überlassen.

Der legitime zivile Widerstand gegen eine völkerrechtswidrige Besatzungspolitik ist niemals antisemitisch, wenn er sich in den Grenzen des internationalen Rechts hält und auf die Politik und ihre Repräsentanten konzentriert. Er richtet sich nur gegen Produkte, Unternehmen und Institutionen, die von der völkerrechtswidrigen israelischen Besatzung und der Unterdrückung der palästinischen Bevölkerung profitieren.

Wir möchten darauf hinweisen, dass sich auch immer mehr jüdische Organisationen und bekannte Einzelpersonen, die für ein friedliches Ende der israelischen Besatzung eintreten, dem Aufruf von BDS angeschlossen haben, es sogar eine israelisch-jüdische BDS-Bewegung (»Boycott from Within«) gibt.

Pax Christi International betrachtet die BDS-Kampagne ebenfalls als eine legitime Form des gewaltlosen Widerstands, »um dem Frieden ein Stück näher zu kommen und um Unternehmen, die von der Besatzung profitieren und damit gegen die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verstoßen, unter Druck zu setzen: Wir meinen, dass solche Initiativen, die gewaltlose Methoden anwenden, die Konfliktparteien dazu bewegen können, den Status quo zu überdenken und neue Friedenswege zu suchen.«

In einer am UNO-Menschenrechtstag, dem 10. Dezember 2016, veröffentlichten Erklärung von über 200 internationalen Juristen wird die BDS-Bewegung als legitime und durch das Recht auf Meinungsfreiheit gedeckte Antwort der Zivilgesellschaft auf die unverantwortliche Passivität der Staaten gegenüber Israels ständiger Verletzung des Völkerrechts bezeichnet. Die Behinderung der BDS-Bewegung sei nichts anderes als eine Unterstützung der völkerrechtswidrigen Besatzungspolitik. Die jüngsten Angriffe auf Veranstaltungen von Kritikerinnen und Kritikern der Besatzungspolitik, die ihre Auftritte zu verhindern suchen und die Kündigung von Vertragsräumen betreiben, spiegeln letztlich nur ihre fehlenden Gegenargumente wider, die sie mit Diskriminierung und administrativen Mitteln zu verdecken suchen. Sie sind jedoch vor allem eine äußerst gefährliche Entwicklung für die Freiheit der öffentlichen Diskussion und sprechen unserem Demokratieverständnis Hohn. Es ist notwendig, dieser Entwicklung jetzt Einhalt zu gebieten.

Prof. Dr. Norman Paech, im Dezember 2016


Außenminister zur Flüchtlingspolitik

»In der Flüchtlingspolitik gibt es eine Logik von rechts und eine von links: Blinde Abschottung oder geregelte Menschlichkeit. Wenn sich letztere durchsetzt, wird die EU überleben.«
(Jean Asselborn, Europas ältester Außenminister aus Luxemburg in einem Spiegelgespräch, Der Spiegel 2/17)


Zum selben Thema folgt hier ein offener Brief von Prof. Dr. Rolf Verleger, dem Vorsitzenden des Bündnisses zur Beendigung der israelischen Besatzung. Dieser Brief ist ein eindrückliches Beispiel für die »andere Art« des Sprechens und Denkens: Nicht Hass und Kränkung, aber doch klare Position.

Schatten der Vergangenheit

Sehr geehrte Herren,

am 10.11. hielt ich im Rahmen des Café Palestine Freiburg in einem Hörsaal der Universität Freiburg einen Vortrag zum Thema »Ist der Einsatz für Menschenrechte in Palästina antisemitisch?« Vor der Veranstaltung haben Sie per Flugblatt ein Redeverbot für mich an der Universität Freiburg gefordert.

Sie taten das zwanzig Minuten vor Veranstaltungsbeginn, als es noch leer war: Sie, zwei junge Männer, höflich und zurückhaltend, fast schüchtern, verteilten einen knallharten Text, anonym, ohne Namen der Verfasser. Sie warteten aber nicht die Wirkung ab, sondern schauten, dass sie lieber wieder unerkannt wegkamen.

Das hat mich sehr verblüfft. Das ist eigenartiges Verhalten. So als ob der Veranstalterin Frau Dr. Weber oder mir ein Geheimdienst zur Verfügung stünde, der Ihnen schaden könnte.

Ich habe mich gefragt, was Ihre Vorbilder für Ihre Aktivitäten sind. Ein mögliches Vorbild könnten für Sie die Geschwister Scholl sein: Auch sie wollten ihre Flugblätter gegen Unrecht sprechen lassen, sie wollten laut und deutlich ihre Stimme für Menschlichkeit erheben. Und sie wollten anonym bleiben, weil sie wussten, dass es sonst nicht gut für sie ausgehen würde.

Daher scheint es mir möglich, dass Sie sich an diesen Helden des Widerstands gegen Unmenschlichkeit orientieren. In diesem Fall könnten Sie auch die Befürchtung haben, dass Sie - wie die Geschwister Scholl - Opfer Ihres Engagements werden könnten: die Scholls wegen ihres Eintretens für die Opfer der Nazis wurden selbst Opfer der Nazis, und Sie könnten vielleicht wegen ihres kompromisslosen Eintretens für Israel den Palästinensern und ihren Freunden zum Opfer fallen. Denn Sie halten diese Leute für mordlustig (»mordlustige Antisemiten«, schreiben Sie) und - so befürchten Sie - es droht ein neuer »eliminatorischer«, »mörderischer«, »vernichtungsorientierter Antisemitismus«. So werden Sie vielleicht zu Helden für eine gerechte Sache. Das, so male ich mir aus, ist Ihre Sichtweise: Mich sehen Sie als einen Befürworter des »eliminatorischen Antisemitismus« und vielleicht auch persönlich als einen mordlustigen Antisemiten: eine Gefahr für Israel und für Sie als Israelfreunde. Sie dagegen warnen und mahnen: Einen solchen potentiell gefährlichen Mann sollte man nicht reden lassen, im Interesse der eigenen Selbsterhaltung.

Das sind ungefähr meine Fantasien darüber, wie Sie sich selbst sehen. Meine eigene Sichtweise von Ihrer Aktivität ist aber eine völlig andere. Das ergibt sich so aus meiner Familiengeschichte. Kennen oder kannten Sie Ihre Großväter? Ich kannte meine nicht. Der eine starb schon 1926 und liegt in Berlin-Weißensee, der andere starb in Auschwitz; wann genau, weiß man nicht.

Kennen oder kannten Sie Ihre Großmütter? Ich kannte meine nicht. Die eine ging 1942 in Theresienstadt zugrunde, die andere wurde, 42-jährig, direkt nach der Ankunft des Deportationszuges in Estland erschossen, denn sie hatte ihren gelben Stern in Berlin abgemacht, um zur Friseuse zu gehen; daher war sie eine Kriminelle und wurde in Estland in einer Sanddüne verscharrt.

Haben Sie Onkel und Tanten? Mein Vater hatte sieben Geschwister. Das Nazi-Regime überlebten nur er und ein Bruder.

Hat Ihr Vater eine Tätowierung? Mein Vater hatte eine, nämlich die Auschwitznummer am Arm. Seine erste Frau und ihre gemeinsamen drei Söhne hatten wahrscheinlich keine: Sie kamen in Auschwitz gleich ins Gas. Daher heiratete 1948 mein Vater meine viel jüngere Mutter: Er wollte noch einmal jüdische Kinder haben. So bin ich aufgewachsen, als Kind der Hoffnung und des Neuanfangs.

Was wissen Sie vom Judentum? Uns Kindern haben dies unsere Eltern vermittelt. In der chassidischen Tradition meines Vaters: Gottes Gebote befolgen, in der Hoffnung auf Erlösung und Befreiung. In der deutsch-jüdischen Tradition meiner Mutter: Judentum als Religion der tätigen Moral. In beiden Traditionen sind Juden deswegen Gottes auserwähltes Volk, insofern sie der Welt ein Vorbild an Moral und Gesetzestreue geben sollen und dies auch wollen. Manchmal in meinem Leben bin ich aus den engen Grenzen der Tradition ausgebrochen, aber Ich habe mich auch immer wieder für meine jüdische Gemeinschaft engagiert, habe die Gemeinde Lübeck mitgegründet, war Landesverbandsvorsitzender in Schleswig-Holstein und Delegierter im Zentralrat.

Nichts von meinen jüdischen Werten findet sich wieder im Verhalten der israelischen Regierung. Man hat den Palästinensern ihr Land geraubt, fantasiert sich als ewiges Opfer und leitet daraus die Rechtfertigung ab, Völkerrecht und Menschenrechte außer Kraft zu setzen, völlig außerhalb der jüdischen Tradition. Sie wissen vielleicht, dass vor der Auslöschung des europäischen Judentums durch die Nazis und ihre Helfer der Zionismus eine Minderheitenposition im Judentum war. Gegen den Zionismus waren viele Strömungen: die Religiösen, die Bürgerlichen, die sozialistischen Bundisten, die allgemeinen Sozialisten. Wussten Sie dass das einzige jüdische Mitglied im britischen Kabinett 1917, Lord Edwin Montague, strikt gegen die Balfour-Deklaration war? Sind das alles »eliminatorische Antisemiten«, weil sie die Idee eines separaten jüdischen Staates fernab der eigentlichen Heimat der europäischen Juden für eine sehr schlechte Idee hielten? Kennen Sie den Bundisten Marek Edelman, überlebender Anführer des Aufstands im Warschauer Ghetto? Wissen Sie, was er von den Zionisten hielt?

Sie wissen vielleicht auch, dass Ihr unfreiwilliges Vorbild Heidegger seine junge Studentin Hannah Arendt anbetete. Wissen Sie, was diese kluge Frau 1945 über den Schwenk der zionistischen Mehrheit hin zur Unterstützung eines »jüdischen Staates« geschrieben hat? Sie können es in meinem Buch nachlesen. Wissen Sie, dass Hannah Arendt, Albert Einstein und andere hellsichtige amerikanische Juden 1948 in einem gemeinsamen Leserbrief an die New York Times dagegen protestierten, dass Menachem Begin, der Kommandeur des Massakers von Deir Yassin, kurz nach diesem Verbrechen die USA besuchte? Sie nannten ihn einen »Terroristen« und forderten ein Einreiseverbot. Montague, Edelman, Arendt, Einstein - nach Ihrer Logik alles Antisemiten!

Und nun können Sie vielleicht meine Sichtweise ansatzweise nachvollziehen: Dass mir junge Leute an der Universität Freiburg das Rederecht nehmen wollen, das erinnert mich fatal daran, was an der Universität Freiburg unter dem Rektorat Heidegger und seinen Nachfolgern vor 80 Jahren geschah: »Juden raus!« Sie sind in meinen Augen nicht die Geschwister Scholl, weiß Gott nicht. Sondern eher Kinder im Geiste derjenigen, die damals die Universität judenrein machten.

Vielleicht finden Sie eine neutrale Person außerhalb Ihres Zirkels, die Ihnen erklären kann, dass Sie sich bei mir entschuldigen sollten.

Mit freundlichen, über die Vielfältigkeit des menschlichen Geistes immer noch verwunderten Grüßen

Prof. Dr. Rolf Verleger
Vorsitzender des Bündnisses zur Beendigung der israelischen Besatzung


Empfehlung: Ausgleichszahlungen fordern

Der Nahost-Ausschuss der Europäischen Union empfiehlt den 28 Mitgliedsländern der EU, Israel zu Ausgleichszahlungen für die Zerstörung von Gebäuden und Infrastrukturprojekten in der Region C des Westjordanlandes aufzufordern, die die EU finanziert hat.
7.11.2016


»Der Sohn des Generals«

Eine Buchempfehlung

Das Buch des jüdischen Israeli Miko Peled ist in deutscher Übersetzung erhältlich, erschienen im schweizerischen Verlag Edition 8: ISBN 978-3-85990-290-9, Preis 23,80 €

Das Buch, das sich als Geschenk empfiehlt, ist faszinierend. Miko Peled erzählt seine Familiengeschichte, wie er aus einem zionistisch-militaristischen Elternhaus stammend, zum Freund und Unterstützer für die Rechte der Palästinenser wurde. Das alles auf dem Hintergrund, dass seine Nichte von palästinensischen Attentätern ermordet worden ist. Miko Peled ist ein überzeugter Unterstützer von BDS (Boykott, Desinvestment und Sanktionen). Miko Peleds Schwester Nurit Peled-Elhanan, die ihre Tochter verlor, unterzog als Sozialwissenschaftlerin die israelischen Schulbücher einer kritischen Analyse und legt dar, wie israelische Schülerinnen und Schüler seit Jahrzehnten mit antiarabischen Vorurteilen indoktriniert werden. Leider gibt es ihr Buch nur auf Englisch: »Palestine in Israeli Schoolbooks. Idieology and Propaganda in Education«. Sie ist Trägerin des Sacharow-Preises.

Martin Breidert


Grenzenloser Kapitalismus

Ein paar Stimmen dazu:

Richard David Precht (Die Zeit 40/2016)
»Der grenzenlose Kapitalismus, durch nichts gebremst, hat nicht nur Markennamen auf unsere Wäsche gestanzt: Bis in die feine Unterwäsche unseres Bewusstseins hat er unsere Staatsbürgerschaft gelöscht und uns zu Kunden, Konsumenten und Usern gemacht.«

»Mehr als alles andere ist die EU einem Markt verpflichtet, einem liberalen Wirtschaften, einem entgrenzten Kapitalismus. Wer das will und fördert, der darf sich über die psychischen Folgen nicht wundern! Europa hat seine Bürger verloren und viel dafür getan, dass sie User wurden. Es hat ihnen mehr und billigeren Konsum versprochen, deregulierte Märkte und sinkende Preise. Und es hat jenen Hyperkonsumismus in den Mittelpunkt seines Seins gestellt, der den Menschen kurzfristige Befriedigung verschafft auf Kosten langfristigen Denkens.«

Philosoph Armen Avanessian (Die Zeit 2/2016)
»Der Kapitalismus war und ist - und wird es bis in seine letzten Züge bleiben - ein auf systematischer Ungerechtigkeit und strukturellem Rassismus aufbauendes Wirtschaftssystem, das naturgemäß zu Migrationsbewegungen der Ausgebeuteten führt.«

Claus Eurich (Publik-Forum 16/2016)
»Der Journalistikprofessor, Kontemplationslehrer und Führungscoach sieht uns in eine Habgier-Dynamik verstrickt, die dem Kapitalismus strukturell eigen ist.«

Cornelia Füllkrug-Weitzel (Ökum. Informationsdienst - Frühjahr 2016)
»Die Präsidentin von Brot für die Welt, Cornelia Füllkrug-Weitzel, sagte, die Konzentration von Reichtum bedeute im christlichen Verständnis eine Sünde. Die Güter der Erde seien Gemeingut und müssen geteilt werden. Diese Überzeugungen seien die Basis für eine breite entwicklungspolitische Arbeit der Kirchen.«

Zusammenstellung: Sepp Stahl

Landesbischof: »Geschäft der Terroristen«

»Wer jetzt versucht, aus einem solchen Ereignis politisches Kapital zu schlagen, besorgt am Ende das Geschäft der Terroristen.« Meinte Landesbischof Bedford-Strohm nach dem schrecklichen Terroranschlag auf dem Berliner Christkindlesmarkt.
(Quelle: dpa)


Steuervermeidung

»Die Niederlande und Großbritannien führen eine unrühmliche Allianz von Steueroasen an, die schärfere Regeln gegen Steuervermeidung blockiert. Die Niederlande und Großbritannien stellen die Interessen des Finanzsektors und multinationaler Unternehmen über die Steuergerechtigkeit und fairen Wettbewerb mit kleineren Unternehmen. Das niederländische Parlament will die Regeln gegen Steuervermeidung ohne Übergangsfrist ab 2019 anwenden, aber die Regierung setzt sich für eine Verlängerung der Steuertricks bis 2024 ein. Djisselbloem stellt sich in den Dienst transnationaler Unternehmen statt mit seinen europäischen Partnern an einem Strang zu ziehen. Großbritannien möchte eine bittere Extrawurst für den Finanzsektor und die Bundesregierung hat dem letztlich zugestimmt. Die Niederlande und Großbritannien spielen im Kampf gegen Steuervermeidung ein doppeltes Spiel: Während sie auf Ebene der G20 bzw. OECD bereits den Regeln gegen Steuervermeidung zugestimmt haben, behindern sie nun die Umsetzung in der EU.

Die Finanzminister haben es verpasst, ihren Bürgern die Finanztransaktionssteuer als Weihnachtsgeschenk mit nach Hause zu bringen. Es ist enttäuschend, dass sich die Finanzminister nicht einmal in der Adventszeit zu einer fairen Besteuerung der Finanzbranche durchringen können. Keine Steuer hat einen so geringen Steuersatz, aber eine so große Wirkung. Die zehn Länder müssen im nächsten Jahr hart daran arbeiten, diese dringend benötigte Steuer endlich einzuführen.

Beim Investitionsfonds machen die EU-Finanzminister den zweiten Schritt vor dem ersten. Mehr Investitionen sind zwar der richtige Weg für Europa, aber zunächst müssen die Schwächen des Investitionsfonds beseitigt werden. Die EU-Länder füttern einen mangelhaften Investitionsfonds. Kritikpunkte gibt es an mehreren Stellen: Der Investitionsfonds fördert auch unökologische Projekte, die im Widerspruch zu den Pariser Klimazielen stehen. Der Fonds braucht daher eine klare nachhaltige Ausrichtung. Außerdem: Bei der derzeitigen Ausgestaltung des Investitionsfonds bestehen starke Mitnahmeeffekte. Diese müssen beseitigt werden.«

Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament

Unternehmen erkaufen sich politischen Einfluss

Der Bundestagsabgeordnete Florian Hahn (CSU) hat sich als Mitglied im Verteidigungsausschuss jahrelang massiv für Rüstungsprojekte eines Unternehmens eingesetzt, von dem er als Aufsichtsratsmitglied jedes Jahr bis zu 30.000 Euro kassiert.

Für den Rüstungsdienstleister IABG hat sich die Personalie längst gelohnt – durch das Mitwirken Hahns im Verteidigungsausschuss flossen Projektzuschüsse in Millionenhöhe. In Deutschland erkaufen sich Unternehmen auf diese Weise noch immer ganz legal politischen Einfluss – das Beispiel Hahn ist nur eines von vielen.


Folter in der Türkei

Human Rights Watch, die Menschenrechtsorganisation, hat in einem Bericht Fälle von Folter in der Türkei dokumentiert. Menschen, die nach dem Putschversuch inhaftiert wurden, sind in der Haft üblen Misshandlungen ausgesetzt: Sie seien geschlagen, sexuell missbraucht, in schmerzhaften Positionen gehalten worden, und ihnen wurde die Vergewaltigung von Verwandten angedroht. In mehreren Gefängnissen in Ankara, Istanbul, Urfa und Antalya seien Geständnisse erpresst worden. Human Rights Watch beruft sich auf Aussagen ehemaliger Gefangener, Anwälte und Ärzte. Ein Gefangener aus Istanbul schilderte seinem Anwalt, was ihm widerfahren ist: »Sie rissen mir die Kleider vom Leib und zerrissen sie. Sie drohten mir, während sie meine Sexualorgane quetschten, und schlugen mich auf widerwärtige Weise. Einer sagte, ich habe deine Mutter hierher gebracht und vergewaltige sie vor dir, wenn du nicht redest.«

Die Menschenrechtsorganisation fordert die Regierung in Ankara auf, gegen derlei Vorgänge einzuschreiten und Schutzmaßnahmen gegen Folter, die nach dem Putschversuch außer Kraft gesetzt worden waren, wieder in Geltung zu bringen!

(Quelle: epd)