Termine | Kontakt | Links

Start Ökumene Archiv Ökumene

Auf dem Weg zu einer deutschen ökumenischen Basisversammlung 2001

S. Stahl vertritt das ÖNB im Ökumenischen Ratschlag, dem Zusammenschluß ökumenischer Basis auf dem Konziliaren Weg. Vom letzten Treffen am 20. November 1999 in Kassel brachte er die »Charta 99 - Die Menschenrechte sind unteilbar. - Eine Bilanz aus ostdeutscher Sicht« mit. Sie wurde von Heiko Lietz, Wolfgang Ullmann und Erhard W. Müller erstellt und zur Diskussion gestellt. – Der ausführliche Text kann bei S. Stahl, ÖNB, bestellt werden.
Die wesentlichsten Thesen sind:

»...Der Verlust der sozialen Menschenrechte (Recht auf Arbeit, Wohnung und Sicherung des Lebensunterhalts, Recht auf Bildung, d. Red.) führt faktisch auch zum Verlust der politischen. Die Menschenrechte sind unteilbar. Sie können nur ganz oder gar nicht gelten. Den in die Unterschicht Abgedrängten werden sie vorenthalten. Zugleich wird suggeriert, sie seien als ›Verlierer‹ selbst schuld. Die Menschenrechte werden zu Privilegien, die für eine zunehmende Minderheit nicht mehr gelten.

Heute wächst die Wirtschaft und boomt sogar in einigen Regionen und Branchen, ohne daß die Arbeitslosigkeit abgebaut wird (jobless growth). Prognosen besagen, daß auf längere Sicht nur noch 1/5 der Arbeitsfähigen gebraucht werden, um die kaufkräftige Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen zu erfüllen. Die Zeit der Vollbeschäftigung ist vorbei. Das heißt, daß die Unterschicht erheblich anwachsen wird. Der Schluß ist unausweichlich: Im sozial und ökologisch nicht mehr ausreichend demokratisch regulierbaren Kapitalismus ist es nicht mehr möglich, die ungeteilten Menschenrechte zu verwirklichen. Deshalb ist es dringend notwendig, nach einer marktwirtschaftlichen Alternative im Rahmen rechtsstaatlicher Demokratie zu fragen, in der die Menschenrechte verwirklicht werden können.

Eine demokratische und soziale Alternative zum Geld-Feudalismus des kapitalistischen Marktes ist möglich und in vielerlei Ansätzen bereits heute im Entstehen. Sie kann ›demokratische Marktwirtschaft‹ genannt werden. Ihre Voraussetzung ist eine gerechte, auf Arbeit beruhende Eigentumsbildung, bei der Mechanismen leistungsloser Selbstbereicherung ausgeschlossen sind. Solches Eigentum kann in Lücken und Nischen des bestehenden Systems neu entstehen, so daß sich Alternativen bilden können, auch ohne daß bestehendes Eigentum zuvor von Staats wegen enteignet werden müßte.

Ansätze dieser neuen lokalen ›demokratischen‹ Ökonomie entwickeln sich in Beziehung zum jeweiligen überschaubaren, lokalen und regionalen Gemeinwesen, während der globalisierte Wettbewerb Verantwortung für und Rücksicht auf das Gemeinwesen kaum noch zuläßt. (Beispiele sind gemeinschaftliche Eigenarbeit, Tauschringe, Kleinkreditgenossenschaften, Direktvermarktungsnetzwerke und Binnenwährungen, s. Bericht im letzten Netz-Info über Ithaka, USA, ›Zinsherrschaft und Binnenwährung‹ in diesem Heft, Anm. der Red.).

... Selbstverständlich ersetzt eine solche Gemeinwesenökonomie der Grundversorgung nur zu einem Teil die Angebote volks- und weltwirtschaftlicher Ökonomie. Selbstverständlich kann die Großindustrie nur weltwirtschaftlich verknüpft sein. Selbstverständlich kann der Bedarf auch der aus dem ersten Sektor der Ökonomie Ausgegrenzten nur zum Teil aus der Gemeinwesenökonomie – wenn sie denn entstanden ist – gedeckt werden. Deshalb bleibt eine soziale Grundversorgung durch Transferleistungen aus dem ersten Sektor unverzichtbar und muß – wie bisher – sozialstaatlich verwirklicht werden. ... Die sozialen Menschenrechte und mit ihnen die Gesamtheit der Menschenrechte könnten verwirklicht werden.«

Netz-Info, Advent 1999

zurück